In der Schweiz engagieren sich zahlreiche Institute, Stiftungen und Vereine für den Schutz der Medien, die Bekämpfung von Desinformation und die Förderung demokratischer Werte. Sie präsentieren sich als unverzichtbare Hüter einer freien und informierten Gesellschaft. Doch eine genauere Betrachtung ihrer Finanzierungsstrukturen und ihrer Forderungen nach Regulierung – oft im Kontext des Kampfes gegen Hassrede und Fake News – gibt Anlass zur Skepsis: Stärken sie tatsächlich den offenen Diskurs, oder dienen sie bestehenden Machtstrukturen, indem sie Maßnahmen unterstützen, die an Zensur grenzen? Dieser Artikel analysiert ausgewählte Organisationen, beleuchtet ihre Finanzierungsquellen und argumentiert, dass ihre Arbeit häufig systemkonform bleibt, anstatt grundlegende Kritik am System zu üben.
Die Akteure: Ein Netzwerk für Medien und Demokratie
Die Schweiz verfügt über ein dichtes Geflecht von Organisationen, die sich für Medienintegrität und demokratische Prozesse einsetzen. Zu den zentralen Akteuren gehören:
Universitätsinstitute
- Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung (IfKW), Universität Zürich: Das Institut untersucht Medienwirkungen und entwickelt Strategien gegen Desinformation, um die Medienkompetenz der Bevölkerung zu fördern ([IfKW Universität Zürich](https://www.ifkw.uzh.ch/de.html)).
- Forschungsinstitut für Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög), Universität Zürich: Es analysiert die Rolle der Medien in demokratischen Prozessen und deren Einfluss auf die öffentliche Meinung ([fög Universität Zürich](https://www.foeg.uzh.ch/de.html)).
Stiftungen
- Schweizer Demokratie Stiftung: Sie fördert Bürgerbeteiligung und demokratische Prozesse, etwa durch den Fonds Jugend und Demokratie ([Schweizer Demokratie Stiftung](https://swissdemocracy.foundation/)).
- Stiftung für MeinungsFreiheit und MedienVielfalt: Diese Stiftung unterstützt die Vielfalt der Medien als Grundlage für pluralistischen Diskurs und ist Teil des *Media Forward Fund* ([Stiftung für MeinungsFreiheit](https://stiftungen.stiftungschweiz.ch/organisation/stiftung-fuer-meinungsfreiheit-und-medienvielfalt)).
- Stiftung Dialog: Sie betreibt die Plattform Campus für Demokratie und engagiert sich in der politischen Bildung ([Stiftung Dialog](https://campusdemokratie.ch/stiftung-dialog/)).
- Schweizerische Stiftung zur Förderung unabhängiger Information (SSUI): Sie finanziert die Online-Zeitung *Infosperber*, die sich als Alternative zu etablierten Medien positioniert ([Infosperber](https://www.infosperber.ch)).
Vereine
- Forum für kritisches Denken: Es setzt auf rationale und wissenschaftliche Ansätze, unter anderem durch den Podcast „Schlecht beraten“ ([Forum für kritisches Denken](https://kritisch-denken.ch/)).
- Netzcourage: Unter der Leitung von Jolanda Spiess-Hegglin plädiert der Verein für ein Gesetz gegen Hassrede im Internet ([SWI swissinfo.ch - Netzcourage](https://www.swissinfo.ch/eng/politics/freedom-of-expression-how-can-social-media-be-made-social-again/46592124)).
- Public Discourse Foundation (PDF): In Zusammenarbeit mit der ETH Zürich und alliance F entwickelt sie Instrumente zur Moderation von Online-Kommentaren, um Hassrede zu bekämpfen ([ETH Zürich - PDF] (https://ethz.ch/en/news-and-events/eth-news/news/2023/02/medienmitteilung-stop-hate-speech-alliance-f-und-die-eth-zuerich-gruenden-erste-schweizer-stiftung-fuer-oeffentlichen-diskurs-im-internet.html)).
Diese Organisationen genießen hohes Ansehen, doch ihre Finanzierungsstrukturen und ihre regulatorischen Forderungen erfordern eine kritische Prüfung.
Finanzierung: Transparenz als Prüfstein
Die Finanzierung dieser Organisationen ist oft nur unzureichend dokumentiert, was Zweifel an ihrer Unabhängigkeit weckt. Eine transparente Offenlegung der Geldquellen ist essenziell, um mögliche Interessenkonflikte auszuschließen.
- Universitätsinstitute: Das IfKW und fög werden überwiegend durch öffentliche Mittel finanziert, da das Schweizer Hochschulsystem stark vom Staat abhängt ([SWI swissinfo.ch - Studium](https://www.swissinfo.ch)). Ergänzend erhalten sie Förderungen vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) oder privaten Stiftungen, doch detaillierte Berichte über Projektfinanzierungen sind selten öffentlich zugänglich ([Watson.ch - Forschung](https://www.watson.ch)).
Stiftungen:
- Die **Schweizer Demokratie Stiftung** finanziert ihre Aktivitäten durch Spenden und Stiftungskapital, ohne jedoch Großspender oder deren Einfluss offenzulegen ([Schweizer Demokratie Stiftung - Stiften](https://www.swissdemocracy.foundation/index.php/start/stiftung/stiften)).
- Die Stiftung für MeinungsFreiheit und MedienVielfalt ist Teil des *Media Forward Fund*, der mit sechs Millionen Euro von Stiftungen wie der Stiftung Mercator Schweiz unterstützt wird. Die Verteilung der Mittel bleibt jedoch unklar ([SwissFoundations - Media Forward](https://www.swissfoundations.ch)).
- Die SSUI (*Infosperber*) finanziert sich laut eigener Aussage fast ausschließlich durch Leserspenden, verzichtet jedoch auf detaillierte Transparenzberichte ([Infosperber - Finanzierung](https://www.infosperber.ch)).
- Die Stiftung Dialog nennt Spenden und Stiftungsmittel als Einnahmequellen, ohne präzise Angaben zu deren Herkunft ([Stiftung Dialog](https://campusdemokratie.ch/stiftung-dialog/)).
Vereine:
- Das Forum für kritisches Denken gibt keine Finanzberichte heraus und finanziert sich vermutlich durch Mitgliedsbeiträge und Spenden ([Forum für kritisches Denken](https://kritisch-denken.ch/)).
- **Netzcourage** lebt von Spenden und Mitgliedsbeiträgen, ohne eine transparente Aufschlüsselung zu bieten ([SWI swissinfo.ch - Netzcourage](https://www.swissinfo.ch/eng/politics/freedom-of-expression-how-can-social-media-be-made-social-again/46592124)).
- Die Public Discourse Foundation wird durch die Mercator Foundation (CHF 300.000) und die ETH Zürich (CHF 100.000) unterstützt, was potenzielle Interessenkonflikte aufwirft ([ETH Zürich - PDF](https://ethz.ch/en/news-and-events/eth-news/news/2023/02/medienmitteilung-stop-hate-speech-alliance-f-und-die-eth-zuerich-gruenden-erste-schweizer-stiftung-fuer-oeffentlichen-diskurs-im-internet.html)).
Die mangelnde Transparenz bei der Finanzierung wirft ein Schlaglicht auf die Unabhängigkeit dieser Organisationen. Ohne klare Offenlegung bleibt ungewiss, ob staatliche oder private Akteure die inhaltliche Ausrichtung beeinflussen – ein Problem, das angesichts ihrer Rolle als Förderer demokratischer Werte besonders schwer wiegt.
Regulierung oder Zensur?
Ein zentraler Kritikpunkt ist, dass viele dieser Organisationen Maßnahmen unterstützen, die als Zensur interpretiert werden können, indem sie den Kampf gegen Hassrede und Desinformation in den Vordergrund stellen. Beispiele verdeutlichen diesen ambivalenten Ansatz:
- Netzcourage: Unter der Leitung von Jolanda Spiess-Hegglin fordert der Verein ein Gesetz gegen Hassrede. Der Schutz vor Online-Hass ist ein legitimes Anliegen, doch ein solches Gesetz birgt Risiken. Die Definition von Hassrede ist oft subjektiv, und es besteht die Gefahr, dass legitime Meinungsäußerungen eingeschränkt werden ([SWI swissinfo.ch - Netzcourage](https://www.swissinfo.ch/eng/politics/freedom-of-expression-how-can-social-media-be-made-social-again/46592124)).
- Public Discourse Foundation (PDF): In Zusammenarbeit mit der ETH Zürich entwickelt die PDF Algorithmen zur Erkennung und Moderation von Hassrede in Online-Kommentaren. Während das Ziel eines konstruktiven Diskurses positiv ist, könnten solche Technologien legitime Inhalte fälschlich als problematisch einstufen, was den freien Austausch von Meinungen behindert ([ETH Zürich - PDF](https://ethz.ch/en/news-and-events/eth-news/news/2023/02/medienmitteilung-stop-hate-speech-alliance-f-und-die-eth-zuerich-gruenden-erste-schweizer-stiftung-fuer-oeffentlichen-diskurs-im-internet.html)).
- Gesellschaftlicher Kontext: Laut dem Bundesamt für Statistik haben über 60 % der 15- bis 29-Jährigen Erfahrungen mit Hassrede im Internet gemacht, was die Notwendigkeit von Gegenmaßnahmen unterstreicht. Doch die Balance zwischen Schutz und Meinungsfreiheit bleibt prekär ([SWI swissinfo.ch - Hassrede](https://www.swissinfo.ch/eng/business/swiss-confront-rise-in-fake-news-and-hate-speech-on-internet/49039014)).
Diese Forderungen nach Regulierung stehen im Spannungsverhältnis zur behaupteten Förderung von Meinungsfreiheit und offenem Diskurs. Die Gefahr besteht, dass kritische oder abweichende Stimmen unter dem Vorwand des Schutzes vor Desinformation oder Hassrede unterdrückt werden.
Systemkonformität statt kritischer Reflexion
Die zentrale These dieses Artikels lautet, dass diese Organisationen häufig die bestehenden Machtstrukturen stützen, anstatt sie kritisch zu hinterfragen. Dies lässt sich anhand folgender Punkte belegen:
1. Abhängigkeit von staatlicher Finanzierung: Universitätsinstitute wie das IfKW und fög sind auf öffentliche Gelder angewiesen, was ihre Forschung an staatlichen Prioritäten ausrichten könnte. Ihre Arbeiten konzentrieren sich oft auf Desinformation in sozialen Medien, ohne die Rolle etablierter Medien oder staatlicher Narrative zu beleuchten ([SWI swissinfo.ch - Studium](https://www.swissinfo.ch)).
2. Einfluss privater Stiftungen: Stiftungen wie die Mercator Schweiz, die den *Media Forward Fund* unterstützen, haben oft Verbindungen zu wirtschaftlichen Eliten. Die Auswahl geförderter Projekte liegt in ihrer Hand, was Fragen nach ihrer Neutralität aufwirft ([SwissFoundations - Media Forward](https://www.swissfoundations.ch)).
3. Begrenzte Systemkritik: Organisationen wie *Infosperber* kritisieren zwar Medienkonzerne, bleiben jedoch bei oberflächlicher Analyse und hinterfragen selten die Rolle ihrer Geldgeber ([Infosperber - Medien](https://www.infosperber.ch)). Das Forum für kritisches Denken fokussiert auf wissenschaftliche Skepsis, ohne Machtstrukturen anzugreifen ([Forum für kritisches Denken](https://kritisch-denken.ch/)).
4. Transparenzdefizite: Schweizer Stiftungen und Vereine sind von Transparenzregistern ausgenommen, was die Nachvollziehbarkeit ihrer Finanzen erschwert. Dies steht im Widerspruch zu ihrer Rolle als Förderer einer transparenten Demokratie ([SwissFoundations - Transparenz](https://www.swissfoundations.ch)). Wie *Zeit Online* betont, ist Transparenz essenziell für eine demokratische Öffentlichkeit ([Zeit Online - Transparenz](https://www.zeit.de)).
Beispiele für Systemtreue
Ein anschauliches Beispiel ist der Media Forward Fund. Dieser Fonds fördert „unabhängigen Journalismus“, doch die Auswahl der Projekte liegt bei Stiftungen mit möglichen wirtschaftlichen oder politischen Interessen, was eine Bevorzugung systemkonformer Medien nahelegt ([SwissFoundations - Media Forward](https://www.swissfoundations.ch)). Ebenso ist der Schweizer Presserat, der seit der Ablehnung eines Medienförderungspakets 2022 auf Stiftungsgelder angewiesen ist, von der Medienbranche abhängig, was seine Unabhängigkeit einschränkt ([Infosperber - Presserat](https://www.infosperber.ch)). Organisationen wie Netzcourage und die PDF fördern durch ihre Forderungen nach Hassredegesetzen und algorithmischer Moderation Maßnahmen, die den freien Diskurs gefährden könnten ([SWI swissinfo.ch - Netzcourage](https://www.swissinfo.ch/eng/politics/freedom-of-expression-how-can-social-media-be-made-social-again/46592124)).
Fazit: Hüter der Freiheit oder Diener des Systems?
Die untersuchten Organisationen positionieren sich als Verteidiger der Demokratie und der Medienintegrität. Doch ihre oft intransparenten Finanzierungsstrukturen und ihre Unterstützung für regulierende Maßnahmen, die als Zensur interpretiert werden können, lassen sie eher als Unterstützer bestehender Machtstrukturen erscheinen. Sie fokussieren auf Themen wie Desinformation und Hassrede, vermeiden jedoch eine tiefgehende Auseinandersetzung mit den strukturellen Schwächen des Medien- und politischen Systems. Um ihre Glaubwürdigkeit als Hüter demokratischer Werte zu wahren, müssten sie ihre Finanzquellen vollständig offenlegen und mutiger die Machtstrukturen hinterfragen, die Desinformation und mediale Einseitigkeit ermöglichen. Bis dies geschieht, bleibt der Verdacht bestehen, dass sie – bewusst oder unbewusst – das System stützen, das sie vorgeben zu reformieren.
Leser sind eingeladen, die genannten Quellen zu prüfen und sich ein eigenes Urteil zu bilden.
Quellen
- [IfKW Universität Zürich](https://www.ifkw.uzh.ch/de.html)
- [fög Universität Zürich](https://www.foeg.uzh.ch/de.html)
- [Schweizer Demokratie Stiftung](https://swissdemocracy.foundation/)
- [Stiftung für MeinungsFreiheit und MedienVielfalt](https://stiftungen.stiftungschweiz.ch/organisation/stiftung-fuer-meinungsfreiheit-und-medienvielfalt)
- [Stiftung Dialog](https://campusdemokratie.ch/stiftung-dialog/)
- [Forum für kritisches Denken](https://kritisch-denken.ch/)
- [SWI swissinfo.ch - Netzcourage](https://www.swissinfo.ch/eng/politics/freedom-of-expression-how-can-social-media-be-made-social-again/46592124)
- [ETH Zürich - Public Discourse Foundation](https://ethz.ch/en/news-and-events/eth-news/news/2023/02/medienmitteilung-stop-hate-speech-alliance-f-und-die-eth-zuerich-gruenden-erste-schweizer-stiftung-fuer-oeffentlichen-diskurs-im-internet.html)
- [SWI swissinfo.ch - Hassrede](https://www.swissinfo.ch/eng/business/swiss-confront-rise-in-fake-news-and-hate-speech-on-internet/49039014)
- [SWI swissinfo.ch - Fake News](https://www.swissinfo.ch/eng/democracy/swiss-found-to-be-gullible-regarding-fake-news/87475624)
- [SWI swissinfo.ch - Maßnahmen gegen Desinformation](https://www.swissinfo.ch/eng/swiss-politics/how-switzerland-has-responded-to-online-disinformation/46135098)
- [SwissFoundations - Media Forward Fund](https://www.swissfoundations.ch)
- [Infosperber - Finanzierung](https://www.infosperber.ch)
- [Watson.ch - Private Finanzierung](https://www.watson.ch)
- [Zeit Online - Informationsfreiheit](https://www.zeit.de)
- [SwissFoundations - Transparenzregister](https://www.swissfoundations.ch)